Überblick


Die Ergebnisse des Arbeitskreises liegen für jeden Block getrennt vor. Für die Diskussionsveranstaltungen gibt es jeweils ein Ergebnisprotokoll. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse in besser lesbarer Form gibt es ebenfalls.

Block 1: Gesellschaftliche Großorganisation

Block 2: Produktion - Arbeit - Tausch

Block 3: Entscheidungsverfahren


Die folgenden grundsätzlichen Bemerkungen sind allen Blöcken gemein.

Über das Utopisieren

Allem Utopisieren - auch dem Konkreten - muß die Erkenntnis vorangehen, daß wir alle an unser gesellschaftliches Werden gebunden sind und daß es nicht leicht ist, aus diesem Gewordensein auszusteigen, um sich etwas Neues, womöglich völlig anderes vorzustellen - dies ist ja der Sinn einer Utopie. Das Wissen über eine neue Gesellschaft wird sich allerdings endgültig erst in ihr entwickeln. Heute sind nur Annäherungen möglich, die jedoch besser werden, je mehr die materiellen Bedingungen für den Übergang heranreifen.

Ein oft damit zusammenhängendes Problem ergibt sich aus dem Umstand, daß Menschen oft nicht oder nur begrenzt in der Lage sind, ihr Unbehagen zu artikulieren oder gar die Quelle ihres Unbehagens zu erkennen und zu benennen. Neben der permanenten Berieselung durch eine Ideologie, die ein Ganz-anders-Sein gar nicht zulassen kann 1, gibt es in unseren Gesellschaften auch nur wenige konkrete Feindbilder auf die sich ein Unmut richten könnte. Dies unterscheidet moderne kapitalistische Gesellschaften sicher erheblich von den sog. realsozialistischen Versuchen, bei denen der Staat oder die Partei bzw. deren jeweilige Agenten als jederzeit und für alles geeignetes und allgemein akzeptiertes Feindbild zur Verfügung stand. 2

Grundsätzliches

Wohin soll die Reise gehen?

Eine Konkrete Utopie sollte angeben, was sie anstrebt, da nur dann überprüft werden kann, ob die entwickelten Gedanken zielführend sein können bzw. was daran zu kritisieren ist.

Neben der vielleicht grundlegendsten aller Forderungen - daß keineR mehr hungern soll - steht für uns die Chancengleichheit für alle Menschen der Erde im Vordergrund. 3 Chancengleichheit darf dabei nicht als abstrakte, formale Gleichheit verstanden werden, sondern kann nur so interpretiert werden, daß unterschiedliche Ausgangsbedingungen auch zu unterschiedlichen, ungleichen Reaktionen führen müssen. 4 Hier scheint auch schon ein weiteres Grundprinzip auf, das wir erfüllt sehen möchten: JedeR nach ihren Fähigkeiten, jedeR nach seinen Bedürfnissen.

Weiterhin kann eine Utopie für uns kein Schritt zurück sein. So denken wir insbesondere nicht an eine Gesellschaft, aus der Technik oder Arbeitsteilung grundsätzlich verbannt ist. 5

Über unsere Methode

In unserer Analyse haben wir uns darauf beschränkt, im wesentlichen das Bestehende, uns Vertraute zu analysieren. In unserem Fall beschränkt sich die Analyse also auf kapitalistisch organisierte Industriegesellschaften des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts. Mit historischen oder nichtindustriellen Gesellschaften haben wir uns höchstens kursorisch auseinandergesetzt. 6

Während unser Diskussionen ist uns aufgefallen, daß wir oft und ausführlich darüber diskutiert haben, was alles an unseren Ideen schief gehen kann. Vielleicht sollten wir zu einer positiveren Haltung gelangen, insbesondere dann, wenn praktisch keine denkbare Alternative schlimmer sein würde als der heutige Zustand.

Dominanz der Ökonomie

Wir waren uns darüber einig, daß unsere heutigen Gesellschaften in geradezu totalitärer Weise von der Tauschwertabstraktion 7 beherrscht sind. Diese ökonomische Basis ist jedoch dem rein Politischen nicht zugänglich, so daß ein Ausstieg aus diesem gesellschaftlichen Unterbau ausschließlich mit politischen Ansätzen nicht möglich ist.

Um also überhaupt erfolgreich die kapitalistische Verwertungslogik 8 zu durchbrechen, bedarf es neuer gesellschaftlicher Beziehungen, die die marktförmige und also unbewußte Vergesellschaftung durch mindestens in entscheidenden Bereichen gesellschaftlich entschiedene ersetzt. Letztendlich muß die Herrschaft über Menschen durch eine Verwaltung von Sachen abgelöst werden.


1 Diese Ideologie dürfte nicht nur für den Kapitalismus sondern für jedes System überlebenwichtig sein, da nur solche Ideologien ein System dauerhaft stabilisieren können. Das Beispiel des sog. Realsozialismus - gerade in der DDR-Variante - deutet vielleicht an, wie schwierig es für ein System ist, sich ständig gegen ein Ganz-anders-Sein durchsetzen zu müssen

2 Die strukturelle Gewalt einer kapitalistischen Invisible Hand ist eben nur abstrakt benennbar und daher als konkretes Feindbild nicht geeignet.

3 Uns ist bewußt, daß ein gleicher Zugang zu Ressourcen für einige der heute lebenden Menschen auch eine Einschränkung bedeuten kann.

4 So ist z.B. dem Legastheniker das Schreiben ganz anders beizubringen als einem nicht legasthenisch veranlagten Menschen. Die u.U. höchst ungleiche Behandlung ist hier das Vehikel, mit dem Chancengleichheit überhaupt erst hergestellt werden kann.

5 Davon unbeschadet muß natürlich im Einzelfall überprüft werden, welche Technik wünschenswert ist und welche Arbeitsteilung wie vernünftig organisiert werden kann.

6 Solche Gesellschaften können eine interessante Hilfestellung sein, wenn versucht wird, das Ganz-anders-Sein zu denken.

7 Die Tauschwertabstraktion besteht sehr verkürzt gesagt darin, daß kapitalistische Waren nicht in erster Linie wegen ihrer Nützlichkeit, wegen ihres Gebrauchswerts hergestellt werden, sondern um sie am Markt zu verwerten.

8 Es sei darauf hingewiesen, daß unter Gebrauchswertmaßstäben die kapitalistische Logik übrigens oft genug eine Entwertungslogik ist.