Was bringt das MAI?


1. Es bringt den Multis, den Banken, Geldspekulanten bisher nicht gekannte Macht, überall in der Welt, in allen Bereichen, alles unter der Sonne zur "Investition" zu erklären und dort ihre profitträchtigen Geschäfte zu machen, ohne von einer nationalen oder subnationalen Regierung (Land oder Gemeinde) kontrolliert, eingeschränkt oder reglementiert zu werden. Die Regierungsvertreter bei der OECD sind offensichtlich bereit, große Teile der nationalen Souveränität - nämlich die Gestaltung einer eigenen menschen- und naturfreundlichen Wirtschaftspolitik - den Multis und ihren Profitinteressen auszuhändigen.

2. Diese Selbstentmachtung erfolgt vor allem durch die Klauseln über die "nationale Behandlung" und die "Meistbegünstigten" Klausel. Konkret heißt das: keine Bundes-, Länder-, Gemeinderegierung darf einheimische, lokale Firmen gegenüber ausländischen Investoren und Investitionen bevorzugen (etwa durch Steuervorteile, Subventionen und ähnliche Anreize). Wenn z.B. der bayrische Staat einheimische Kleinbetriebe, etwa im Restaurantbereich, durch solche Vergünstigungen fördern will, muß er dieselben Vergünstigungen auch einem US-Multi gewähren. Die Folge ist klar: Der US-Multi - etwa Mc Donalds - wird die bayrischen Kleinbetriebe wegkonkurrieren.

In Deutschland ist die Sache besonders brisant in Bezug auf Ostdeutschland. Ausländische Investoren würden nach dem MAI in den neuen Bundesländern dieselben Subventionen erhalten wie ostdeutsche Firmen.

3. Weiterhin geben die Regierungen, die das MAI unterzeichnen, das Recht auf, von den Konzernen bestimmte Leistungen zu fordern: etwa die, daß sie eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen schaffen oder erhalten, daß sie lokale Arbeitskräfte einstellen, einheimische Rohmaterialien verarbeiten, lokale Dienstleistungen anheuern, Gesetze zum Schutz der Landnutzung respektieren, Profite in diesem Staat, Land und dieser Gemeinde reinvestieren müßten. Alle diese Leistungsanforderungen sind nach dem MAI verboten.

4. Das MAI macht es Staaten auch unmöglich, den Import und Export von Kapital oder Währungsspekulationen, oder Portfolio Investitionen zu reglementieren. Der Spekulation wird Tür und Tor geöffnet und plötzliche Finanzeinbrüche wie in Ost- und Südostasien sind vorherzusehen.

5. Staaten dürfen ausländische Investoren weder "direkt noch indirekt enteignen", oder Maßnahmen ergreifen, die einen ähnlichen Effekt haben, ohne direkte Entschädigung. Unter MAI-Bedingungen wird aber bereits die Aussicht, daß einer Firma zukünftige Profite wegen eines bestimmten Gesetzes entgehen könnten, als "Enteignung" bezeichnet.

Beispiel: Die Ethyl-Corporation (USA) verklagt den kanadischen Staat auf Schadensersatz in Höhe von 251 Millionen US-Dollar, weil dieser letzten April ein Gesetz zum Verbot von MMT in Benzin erlassen hat. MMT ist eine toxische Substanz, die Ethyl-Corporation produziert. Sie vergiftet die Luft. Ethyl-Corporation verklagt Kanada nach den Regeln von NAFTA - dem Vorbild für das MAI - wegen "indirekter Enteignung", d.h. wegen entgangener zukünftiger Profite und der Schließung seiner Firma in Kanada. In ähnlicher Weise verklagt eine kalifornische Müllentsorgungsfirma den mexikanischen Staat, weil dieser nicht erlauben will, daß diese Firma Sondermüll in Mexiko ablädt

6. Letztere Fälle machen deutlich, was das neue Streitschlichtungsverfahren im MAI bewirken kann. Konzerne können nach dem MAI Staaten verklagen und haben dabei einen ähnlichen Status wie Staaten selbst. Sie können diese Klagen bei einem nationalen Gericht einreichen, sie können aber auch zu einer internationalen Streitschlichtungsstelle gehen, die nicht demokratisch legitimiert und kontrolliert ist, wo Vertreter der Industrie dominieren.

7. Schutz vor Unruhen: Die unterzeichnenden Staaten haben für ein günstiges Investitionsklima zu sorgen. Für soziale Unruhen, bürgerkriegsähnliche Zustände - Streiks usw., Studenten- und Bauerndemos, die Profite der Investoren schädigen können, müssen die Staaten Entschädigung zahlen.

8. Dauer: Ein Staat kann das MAI erst nach 5 Jahren kündigen. Für die ausländischen Investoren in diesem Land gelten aber die MAI-Bestimmungen noch weitere 15 Jahre - also dauert das MAI 20 Jahre.

9. Roll-back und Standstill: Besonders gefährlich ist das MAI wegen jener Klauseln, die verlangen, daß Unterzeichnerländer alle ihre Gesetze, Regeln, Maßnahmen bis zu einem bestimmten "Sunset" - Moment, MAI-konform machen. D.h. Umweltgesetze, Gesetze zum Schutz von Arbeitsrechten,

Minderheiten, Frauenförderung, die den Investoreninteressen entgegen stehen könnten, müssen abgeändert oder aufgehoben werden (Roll-back).

Die Standstill-Klausel verlangt überdies, daß keine neuen Gesetze und Regelungen erlassen werden, die dem MAI nicht entsprechen.

Beispiel: Frauenförderung. Die gesetzlichen Bestimmungen auf nationaler (deutscher) oder EU-Ebene zur Gleichstellung und Förderung von Frauen sind bereits jetzt so erbärmlich, vage und zahnlos, daß Frauen kaum eine Verbesserung ihrer ökonomischen und sozialen Situation erwarten können. Das MAI wird diese Situation für die Zukunft einfrieren, weil z.B. Gleichstellungsforderungen mit Männerlöhnen ein massives Investitionshemmnis wären.

10. Das MAI eröffnet der "Dritten Welt" gnädig einen möglichen Zutritt aber zu den Bedingungen, die die OECD-Länder bis dahin festgelegt haben.


Literatur: Quelle: Maria Mies: "M.A.I - die geplante Herrschaft der Konzerne", Vortrag, gehalten am 25.2.1998 in Passau, abgedruckt in Schwarzer Faden 2/98.