Wider den digitalen Stacheldraht


Digital Restrictions Management und die Alternativen

DRM ist die Basisinfrastruktur für die Parzellierung des Cyberspace, für das Einziehen von Wänden mit Türen, die sich nur unter bestimmten Bedingungen öffnen, für die Durchsetzung einer universellen Ausweispflicht, für die Verwandlung des PC in eine Policy- und Polizei-Maschine, für die finale Durchkommerzialisierung des Internet. DRM ist digitaler Stacheldraht (James Boyle). Stacheldraht war die high-tech Innovation von 1874, die die Einzäunung des Commons, der Allmende auf den Weg gebracht hat. Heute werden ähnlich die Claims im Cyberspace abgesteckt, also in der offenen Architektur von PC und Internet.

Das Wunderbare am Computer: Er ist eine Allzweckmaschine. Auch auf dieser Ebene setzt die Segregation und das Abstecken von Claims ein. Die VG Wort erklärt ihn zu einem Kopiergerät und beansprucht Vergütung. Die GEZ erklärt ihn zu einem Rundfunkgerät und will Gebühren verlangen. Und die DRM- und die Rechteindustrie behaupten nun, der Computer sei im Wesentlichen eine Unternehmens- und eCommerce-Plattform.

DRM wird sich zuerst im Unternehmensbereich durchsetzen, auf den die Trusted Computing Group und andere DRM-Konsortien in erster Linie abzielen. Dort wird es das Digital Policy Management (DPM) beflügeln, also die Durchsetzung von Restriktionen außerhalb der Anwenderkontrolle im Dienste von Betriebsgeheimnissen, Workflow, Mitarbeiterüberwachung, Geschäftsmodellen etc.

Der Brandenburger Datenschutzbeauftragte Alexander Dix erinnerte: "Gerade in einer demokratischen Informationsgesellschaft müssen Optionen des spurlosen, anonymen Medienkonsums erhalten bleiben, wenn man den Grundrechten auf informationelle Selbstbestimmung, aber auch der Informationsfreiheit und der freien Meinungsäußerung nicht die Grundlage entziehen will."

Mit DRM wird nicht einfach ein neues Bauteil in den PC eingefügt. Hier wird das Fundament für eine völlig neue Architektur des Cyberspace gelegt, das auch unsere grundlegenden Wissenoperationen und Kommunikationsweisen, das gesamte digitale Soziotop umkrempeln wird. Dafür braucht es eine breite gesellschaftliche Debatte, die die von Dix genannten Werte ebenso berücksichtigt wie Alternativen zu einer flächendeckenden DRM-Infrastruktur.


ReferentIn: Volker Grassmuck


aus: Berlin


Vita: Volker Grassmuck ist Medienforscher und hat unter anderem die Konferenzreihe "Wizards of OS" ins Leben gerufen


Literatur: http://www.privatkopie.net/


Literatur: http://waste.informatik.hu-berlin.de/Grassmuck/Texts/drm-fiffko.html


Zeit und Ort: Donnerstag, 26.06.03, 20.00Uhr 44/370


Mitveranstalter: AStA Uni Kaiserslautern