Außen- und Innenansichten der amerikanischen Paranoia
Die Zeit der imperialen Herrschaft Amerikas ist vorbei! Mit dieser verblüffenden These, die dem herrschenden Bild von der "einzig verbliebenen Supermacht" widerspricht, legte der französische Soziologe Emanuel Todd einen Essay vor, der in Frankreich eine große Diskussion auslöste. Gerade jetzt, da die US-Regierung mit ihrer "Nationalen Sicherheitsstrategie" ihre militärische Hegemonie für alle Zeiten festzuschreiben sucht und jeden potentiellen Rivalen mit Präventivschlägen bedroht, mag diese These eher wie eine polemische Wunschphantasie denn wie eine glaubhafte Prognose erscheinen. Immerhin hat Todd seinen prognostischen Scharfsinn schon einmal unter Beweis gestellt, hat er doch bereits in seinem 1976 erschienenen Buch La Chute finale den Zusammenbruch der Sowjetunion vorausgesagt.
Michael Schneider wird aber nicht nur Todds wichtigste Thesen zur Diskussion stellen, sondern auch einen Blick auf die innere (soziale und mentale) Verfassung der US- Gesellschaft werfen, die sich unter dem totalitären Regime des Neoliberalismus radikal verändert hat. Denn es sind nicht allein geostrategische und imperiale Gründe, die den erklärten, zeitlich und räumlich unbefristeten "Krieg gegen den Terror" aus der Sicht der amerikanischen Neokonservativen und der Bush-Junta notwendig machen. Dieser hat - nicht zuletzt - auch eine immense innenpolitische Ablenkungs- und Stabilisierungsfunktion für eine Nation, die noch nie so zerrissen, sozial und ethnisch so tief gespalten war wie heute und ihre verdeckte ökonomische Schwäche durch einen "theatralischen Militarismus" zu kompensieren sucht.
ReferentIn: Michael Schneider
aus: Hünfelden/Limburg
Vita: Prof. Dr. Michael Schneider ist politischer Publizist und Schriftsteller
Literatur: Howard Zinn · Amerika, der Terror und der Krieg · Herder spektrum · Freiburg 2002
Literatur: Charlmers Johnson · Ein Imperium verfällt. Ist die Weltmacht USA am Ende?" · Goldmann München 2001
Zeit und Ort: Donnerstag, 6.11.03, 20.00Uhr 11/205