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Auszüge aus:

Consent without Consens - Unterstellte Zustimmung

veröffentlicht von:

Noam Chomsky

Consent without Consens

Unterstellte Zustimmung

Überlegungen zu Theorie und Praxis der Demokratie

Eine akzeptable demokratische Gesellschaft sollte auf dem Grundsatz der "Zustimmung der Regierten" aufgebaut sein. Dieses Prinzip kann - obgleich ihm fast jeder zustimmt - dennoch kritisiert werden, weil es nämlich gleichzeitig zu stark und zu schwach ist. Zu stark, denn es unterstellt bereits, dass die Menschen regiert und kontrolliert werden müssen. Zu schwach, denn selbst der brutalste Diktator bedarf eines Mindestmaßes an "Zustimmung der Regierten" und gewinnt es meist auch, und keineswegs immer nur durch Gewalt.

Wie haben sich die freiheitlichen Demokratien in dieser Frage verhalten? Dem will ich hier nachgehen. Die breiten Massen versuchen seit langem und mit wechselndem Erfolg, mehr Mitwirkungsrechte an ihren eigenen Angelegenheiten zu erkämpfen. Gleichzeitig wurde zur Verteidigung des Widerstandes der Elite gegen die Demokratie ein lehrreiches Gedankengebäude errichtet. Wenn wir die Vergangenheit verstehen und die Zukunft mitgestalten wollen, sollten wir also nicht nur darauf schauen, was sich in der Praxis abspielt, sondern uns auch das dazugehörige Theoriegerüst näher anschauen.

Der klassische Ansatz ist bereits 250 Jahre alt und stammt von David Hume. Er hatte sich darüber gewundert, "wie leicht doch die Vielen sich von den Wenigen beherrschen lassen und mit welch selbstverständlicher Unterwürfigkeit die Menschen den Regierenden ihr Schicksal anvertrauen". Er empfand dies als überraschend, "sind doch die Beherrschten stets die Stärkeren". Einmal darüber im klaren, würden die Menschen sich erheben und ihre Herrscher stürzen. Er zog daraus den Schluss, jede Regierung müsse sich auf eine Kontrolle über die Meinungen der Menschen stützen, und dieses Prinzip gelte "für alle Regierungen, von den schlimmsten Despotien und Militärstaaten bis zu den freiesten Volksherrschaften".

[...] Eine bessere Formulierung seines Prinzips würde lauten: Je "freier und volksnäher" eine Regierung ist, desto stärker ist sie auf Meinungskontrolle angewiesen, um sich des Gehorsams der Regierten sicher sein zu können.

Übersetzt von Helmut Richter, aus: Schwarzer Faden - Nr. 63, Heft 1/1998

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Literatur: Vollständiger Text:


Zeit und Ort: Montag, 19.07.04, 18.00 Uhr Kramladen


Hinweis: (Der Kramladen befindet sich im Keller von Gebäude 46)


Mitveranstalter: AStA TU Kaiserslautern